Müßiggang mit Krabbe

Müßiggang mit Krabbe

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Ein bisschen komme ich mir vor wie in einem Thomas-Mann-Roman. Wir sind auf Norderney, vier Erwachsene im mittleren Alter. Es ist Anfang Mai, das Wetter gibt sich aber noch ziemlich aprilhaft: Mal scheint die Sonne, dann regnet und stürmt es wieder. Zwischendurch zieht ein Gewitter auf. Und nirgends in Deutschland sind Ferien. Familien mit schulpflichtigen Kindern haben also gerade keine Zeit. Das alles sorg für eine äußerst müßiggängige, fast träge Atmosphäre. Zwar müht sich hier und da ein Läufer am sehr leeren Strand entlang. Vor allem morgens tauchen engagierte Nordic-Walking-Gruppen zwischen den Dünen auf. Und vereinzelte Urlauber erkunden die Insel mit dem Rad oder spazieren raus bis zum Wrack an der westlichen Spitze. Die meisten Gäste begnügen sich aber damit, die Hände hinter dem Rücken zu verschränken und die Promenade auf und ab zu flanieren. Oder sie erneuern in den Boutiquen ihre Garderobe. Sehr beliebt bei Frauen sind offenbar Beanies. Jede zweite trägt hier eine dieser Baumwollmützen, vorzugsweise mit aufgedrucktem Peace-Zeichen. Vor, zwischen und nach dem Flanieren und Shoppen gibt es Ruhe-Pausen in den vielen Cafés, Bistros und Restaurants. Zum Beispiel in der Milchbar, die einen fantastischen Blick aufs Meer bietet und von wo aus sich den ganzen Tag lang das Gewusel am Strand beobachten ließe, wenn da welches wäre. So sieht auch unser Programm zum erheblichen Teil aus – bis auf die Sache mit den Beanies.

Aufsichtsplattform am Strand
Aufsichtsplattform am Strand

Üblicherweise halte ich dieses müßige Dasein nicht besonders lange aus. Irgendwann reicht es mir, ich werde hibbelig und muss was tun. Anderenfalls nimmt die innere Unruhe minütlich zu und ich werde zur echten Herausforderung für meine Umgebung. Auf Norderney ist das anders. Ich habe mich an das Tempo (oder besser Nicht-Tempo) angepasst und lasse mich durch den Tag treiben. Mal links die Promenade runter? Wunderbar! Oder doch besser nach rechts? Auch klasse! Hauptsache, es gibt später noch Kaffee mit Kuchen und irgendwann ein Krabbenbrötchen. Gespannt bin ich darauf, ob ich nach der Woche wirklich entspannter nach Köln zurückkomme. Da bin ich mir im Moment noch nicht sicher. Falls nicht, habe ich aber schon einen erstklassigen Plan. Dann lese ich daheim endlich mal den „Zauberberg“ vom Anfang bis zum Ende, das müsste auch entschleunigen. Jetzt gehts aber erstmal los: Zum Frühstück in die Milchbar, die einzelnen Jogger zählen.

Wrack in Norderney
Wrack in bunt
Möwe und Dünen
Möwe und Dünen

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